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An Ostern zu viel Schoggi gehabt? – Ernährung bei Migräne

Richtige Ernährung bei Migräne versorgt das Gehirn vor allem mit ausreichend Energie in Form von Kohlehydraten. Den weit verbreiteten Glauben an Lebensmittel als Trigger für Migräneattacken bezeichnen Experten als weitgehend überholt.

AdobeStock 557559279 wellphoto mit ANN LogoDer Einfluss von Ernährung bei Migräne ist mit einiger Sicherheit deutlich geringer als über viele Jahre angenommen. Nach aktuellem Stand der Forschung spielen Lebens- und Genussmittel nur selten eine entscheidende Rolle als Triggerfaktoren (Auslöser) von Migräneanfällen. Dennoch kann Ernährung dazu beitragen, Migräneattacken vorzubeugen.

Lebensmittel spielen als Migräne-Auslöser keine wesentliche Rolle

Die Warnung vor bestimmten Lebens- und Genussmitteln als mögliche Triggerfaktoren ist nach wie vor fester Bestandteil von sehr vielen Empfehlungen zur Migräne-Vorbeugung. Ob Publikationszeitschrift, Medizinportale oder Blogs: Fast immer findet sich die Warnung vor Migräne-Triggern wie Alkohol, Käse, Kaffee, Schokolade und Zitrusfrüchten oder Histaminen und anderen Nahrungsbestandteilen oder Abbauprodukten.

Die Wissenschaft sieht das zunehmend anders. Nach Einschätzung von Migräne-Experten und Fachgesellschaften wird die Rolle von Lebensmitteln als Migräne-Trigger in weiten Teilen der Öffentlichkeit übertrieben dargestellt. Demnach werden «Nahrungsmittel als Auslöser wohl eher über- als unterschätzt», schreibt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft im Informationsblatt Ernährung und Migräne [2].

Der Migräne-Spezialist Prof. Dr. Hartmut Göbel von der Schmerzklinik Kiel beurteilt den Einfluss von vermeintlich migräneauslösenden Lebens- und Genussmitteln noch eindeutiger: «So wenig wie Hunger nach Rollmops und Himbeereis die Ursache der Schwangerschaft ist, so wenig ist der Hunger nach Schokolade die Ursache der Migräne, sondern ebenfalls ein Symptom. Leider ist das noch wenig bekannt und alte Mythen halten sich weiter.» Laut Göbel ist ein bestimmtes Essverhalten vor einer Migräne-Attacke nicht der Grund für den Anfall, sondern nur ein erstes Anzeichen einer sich anbahnenden Migräne-Episode [1].

Migräne-Anfällen durch Ernährung vorbeugen

Ernährungsbedingte Faktoren scheiden dem aktuellen Forschungsstand folgend als Auslöser von Migräneanfällen aus. Hat die Ernährung also keinen Einfluss auf die Migräne? Doch, die Ernährung hat durchaus grossen Einfluss auf Migräne, allerdings anders als in der bislang viel zitierten Form.

Energiemangel als Ursache von Migräneanfällen

Die Medizin weiss nach wie vor nicht, wie Migräne entsteht und was dabei im Detail geschieht. Dr. Göbel verweist aber auf neue Ergebnisse zu den Ursachen von Migräne. Demnach haben Menschen mit Migräne einen überdurchschnittlich hohen Energiebedarf im Gehirn, weil ihr Nervensystem Informationen besonders schnell verarbeitet. Triggerfaktor für Migräneanfälle sind demnach in der Regel nicht bestimmte Nahrungsmittel oder deren Bestandteile. Vielmehr kommt es laut aktuellem Wissensstand zu Migräneattacken, wenn dem Gehirn nicht ausreichend Energie aus der Nahrung zur Verfügung steht. Genau dieser Energiemangel aber lässt sich durch die richtige Ernährung bei Migräne vermeiden.

So beugen Sie Energiemangel im Gehirn vor

Was liefert dem Gehirn Energie? Das Gehirn braucht vor allem Kohlenhydrate, die in Form von Zucker mit dem Blut ins Gehirn gelangen. Die richtige Ernährung bei Migräne sorgt also für einen ausreichenden und möglichst konstanten Blutzuckerspiegel. Dadurch lässt sich laut Dr. Göbel «Migräneanfällen nachweislich vorbeugen oder die Häufigkeit reduzieren».

5 einfache Regeln zur Ernährung bei Migräne

Einen konstanten Blutzuckerspiegel herbeizuführen, ist für ansonsten gesunde Menschen vergleichsweise einfach – mit diesen 5 Regeln zur Ernährung bei Migräne:

  1. Frisch und abwechslungsreich essen (möglichst selbst kochen, industriell verarbeitete Lebensmittel sparsam verwenden)
  2. Mehr komplexe Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten, Kartoffeln, Obst und Gemüse statt aus Weissmehlprodukten oder Süssspeisen
  3. Mehrere kleine Mahlzeiten statt weniger grosser
  4. Keine Mahlzeit auslassen
  5. Wenig tierische Fette und Zucker

Auf Fastenkuren und Low-Carb-Diäten verzichten

Kohlenhydratarme Ernährungskonzepte (Low-Carb-Diäten) und Fastenkuren wie das Teilzeitfasten liegen voll im Trend. Für Menschen mit Migräne sind diese Diäten nicht geeignet, weil das Gehirn aus Fetten und Eiweissen nur unzureichend Energie gewinnt.

Nocebo-Effekt bei Lebensmitteln als Migräne-Auslöser

Ungeachtet aller Forschungsergebnisse sind viele Menschen mit Migräne fest davon überzeugt, dass bestimmte Lebensmittel Migräneattacken auslösen. Warum ist das so?

Unzweifelhaft stehen Migräneattacken häufig in einem zeitlichen Zusammenhang mit besonderen Ernährungsverhaltensweisen. Typisch ist beispielsweise Heisshunger auf bestimmte Lebensmittel. Ein Beispiel: Wer am Tag zuvor Heisshunger auf Schokolade verspürte und dem nachgegeben hat, bringt den Migräneanfall am nächsten Tag mit dem Rotwein in Verbindung. Tatsächlich klingt dieser Erklärungsansatz zunächst sehr plausibel.

Bei genauer Betrachtung aber stellt sich heraus, dass es für diese Ursache-Wirkung-Kette keinen Beweis gibt. Vielmehr gibt es sogar eine ganze Reihe anderer möglicher Ursachen. Vielleicht hatte die Person mit dem Schokoladenheisshunger an jenem Tag einfach nur besonders viel Stress oder hat den Tag über wenig oder nur sehr unregelmässig gegessen.

Stress oder Energiemangel durch einen schwankenden Blutzuckerspiegel während des Tages sind jedenfalls nach Überzeugung der Experten viel wahrscheinlichere Ursachen für den Migräneanfall, als das Essen der Schokolade. Aber nach Überzeugung der Betroffenen, ist es die Schokolade.

Aufgrund eines überholten vermeintlichen Wissens über die Ursachen von Migräne halten nun viele Migränekranke Heisshunger für das untrügliche Anzeichen eines bevorstehenden Migräneanfalls. Da der Migräneanfall tatsächlich kommt, sehen Betroffene ihre Annahme bestätigt - und diese verfestigt sich immer weiter. So entsteht Schmerz durch eine negative Erwartungshaltung und wird sogar verstärkt. Mediziner sprechen von einem Nocebo-Effekt: Schmerzen entstehen, weil Menschen davon überzeugt sind, dass die Schmerzen auftreten werden.

Dr. Göbel hat die Wirkung des Nocebo-Effektes bei Migräne-Patienten getestet. Für seinen Versuch teilte er Probanden in zwei Gruppen auf. Beide Gruppen erhielten exakt die gleiche Schokolade in der gleichen Menge. Nur eine der beiden Gruppen erhielt die Information, die Schokolade enthalte schmerzfördernde Inhaltsstoffe. In dieser Gruppe kam es bei 30 Prozent der Probanden zu einer Kopfschmerzattacke. Die andere Gruppe blieb beschwerdefrei.

Sollte man bei Migräne auf bestimmte Lebensmittel verzichten?

Nicht alle Experten teilen die Überzeugung von Dr. Göbel, dass Nahrungsmittel praktisch keine Rolle als Migräneauslöser spielen. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) geht davon aus, dass Nahrungs- und Genussmittel mitunter Kopfschmerzattacken provozieren können.
In jedem Fall ist es sehr sinnvoll, nach den individuellen Migräne-Triggern zu suchen. Ein wertvolles Hilfsmittel sind Kopfschmerztagebücher.

Auf keinen Fall ist es sinnvoll, bei Migräne ohne guten Grund auf eines oder mehrere Lebensmittel zu verzichten. Die DMKG verweist ausserdem darauf, dass selbst als Trigger-identifizierte Nahrungs- und Genussmittel nicht immer Migräneanfälle auslösen. Vielmehr sei es durchaus möglich, dass solche ernährungsbedingten Trigger nur «das Fass zum Überlaufen» bringen – und von der wahren Ursache der Migräneattacke ablenken.


Adaptiert aus Meine gesundheit.de Autor: Charly Kahle (Medizin-Redakteur)
Referenzen:
1. Prof. Dr. Hartmut Göbel, Schmerzklinik Kiel: Migräne-Auslöser und Migräne-Ursachen: Mythen und Fakten https://schmerzklinik.de/migraene-ausloeser-und-migraene-ursachen-mythen-und-fakten/
2. Deutsche Migräne und Kopfschmerz Gesellschaft: Ernährung und Migräne http://www.dmkg.de/files/dmkg.de/patienten/Download/ernaehrung.pdf

Bild: Adobe Stock/.shock

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