Was Menschen ohne Migräne wissen sollten

Es ist schwer, Migräne zu verstehen, wenn man sie nicht selbst erlebt hat. Hier enthüllen wir ein paar Mysterien für Dich. Und wenn Dich etwas verwirrt, was die Migräne oder Betroffene betrifft – frag einfach bei uns nach.

1. Wir sind keine wählerischen Esser; uns ist nur rasch übel

Übelkeit kann jederzeit auftreten und ist oft schwer zu verbergen. Wir ziehen uns rasch zurück, um sicherzugehen, dass wir nicht in der Öffentlichkeit erbrechen müssen. Es ist also nicht der Brokkoli, den Du zum Abendessen serviert hast. Es ist meine Migräne.

2. Wir gähnen nicht, weil wir gelangweilt oder müde sind

Gähnen kann bedeuten, dass man müde ist. Und das sind wir wahrscheinlich auch, denn für viele Migränepatienten leiden an Schlafproblemen. Für viele Migränebetroffene ist Gähnen aber auch eines der subtilen Warnzeichen dafür, dass sich der pulsierende Schmerz eines Migräneanfalls ankündigt. Zusammen mit Essensgelüsten ist das Gähnen ein Anzeichen für das Prodromalstadium – die erste von vier Migränephasen. Deine Lebensgeschichte ist nicht langweilig, es liegt an meiner Migräne.

3. Wir sind nicht betrunken oder unter Drogen

Wenn ich den Kopf schüttle, mir die Augen zuhalte oder unsinniges Zeug rede, stehe ich nicht unter Drogen. Ich suche auch nicht nach Aufmerksamkeit, sondern erlebe gerade eine Aura, die Migränephase, die bei vielen Menschen vor der Schmerzphase auftritt. Zu den Symptomen der Aura-Phase gehören verschwommenes Sehen, blinkende Lichter oder Verzerrungen im Blickfeld sowie Schwierigkeiten beim Sprechen. Ich habe nicht zu viel getrunken. Es ist meine Migräne.

4. Wir sind nicht verkatert; wir erholen uns von einer Attacke

Die Postdromalphase ist die vierte und letzte Phase eines Migräneanfalls. Die Symptome sind ähnlich wie bei einem alkoholbedingten Kater, nur ohne den Alkohol: Kopfschmerzen, Übelkeit, Müdigkeit, Lichtempfindlichkeit und Konzentrationsschwierigkeiten sind in dieser Phase möglich. Ich habe gestern nicht zu viel Party gemacht. Es ist meine Migräne.

5. Riechen ist unsere Superkraft

Jeden Tag und besonders vor, während und nach einem Migräneanfall sind alle unsere Sinne in höchster Alarmbereitschaft. Viele Migränepatienten können Gas und Rauch viel früher riechen als andere. Das ist eine unserer coolen Superkräfte. Die Kehrseite der Medaille: Starkes Parfüm, Farbe, Benzin, Auspuffgase und vieles mehr sind für manche Menschen Migräneauslöser. Es ist nicht so, dass ich Dich nicht riechen kann. Es ist meine Migräne.

6. Beim Pläneschmieden sind wir zögerlich

Weil die Migräne die trivialsten Ereignisse an den wichtigsten Tagen unseres Lebens zu unterbrechen droht, mussten wir schon viele Menschen enttäuschen. Immer wieder müssen wir Dinge, die wir unbedingt machen wollten, absagen. Das mag unentschlossen wirken. Wenn du spürst, dass wir uns scheuen, feste Pläne zu machen, liegt das daran, dass wir dich nicht enttäuschen wollen, keine Tickets kaufen wollen, die wir nicht brauchen können oder Angst davor haben, uns Dingen auszusetzen, die eine Migräne auslösen könnten, wie helles Licht oder laute Geräusche. Wir befürchten, dass ein Migräneschmerz wieder einmal unsere Pläne durchkreuzen könnte. Es ist nicht so, dass ich nicht auf das Konzert gehen will. Es ist meine Migräne.

7. Wir hassen es wirklich, uns krank zu melden

Wenn wir gefragt werden, ob wir am Freitag bei der Arbeit einspringen oder am Dienstag die Präsentation für den Kunden halten können, möchten Sie gerne «auf jeden Fall» hören, aber Sie bekommen von uns vielleicht nur eine vage Antwort. Und warum? Weil wir es hassen, uns krank zu melden, weil wir verlässliche Teammitglieder sein wollen und weil wir kein Versprechen geben wollen, das wir nicht halten können. Niemals. Unsere Arbeitsplätze und unser Einkommen sind uns sehr wichtig, sogar wichtiger als für den Durchschnittsbürger. Da Migräne schwer vorhersehbar ist, sind wir vielleicht ein wenig vorsichtig, aber wir werden es tun. Es ist nicht so, dass man sich nicht auf mich verlassen kann. Es ist meine Migräne.

8. Unsere überempfindlichen Sinne können leicht überwältigt werden

Was tun feindselige oder wütende Menschen? Sie verlassen oft ohne Erklärung den Raum und lassen einen mit der Frage zurück, was man getan oder gesagt hat. Das tun auch Menschen, die an Migräne leiden. Der Kontakt mit Migräneauslösern wie hellem Licht, störenden Geräuschen, üblen Gerüchen und der Gefahr des Erbrechens kann dazu führen, dass wir den Raum schnell verlassen und uns in einen ruhigen, dunklen Raum zurückziehen. Ich bin nicht böse auf Dich. Es ist meine Migräne.

9. Manchmal können wir es einfach nicht ertragen, berührt zu werden

Schon so manche Ehe wurde durch Migräne auf die Probe gestellt, vor allem, wenn ein Ehepartner Nähe sucht und der andere sich wegdreht. Ein merkwürdiges Migränesymptom ist die Allodynie, bei der sich gewöhnliche Berührungen äusserst unangenehm und sogar schmerzhaft anfühlen. Unsere Liebe hat sich nicht verändert, aber wir wollen zu diesem Zeitpunkt NICHT berührt werden. «Nicht heute Abend» bedeutet nicht «niemals». Es ist meine Migräne.

10. Unser Nacken tut oft weh, bevor unser Kopf es tut

Gestresste Menschen rollen oft mit dem Kopf und den Schultern oder fassen sich an den Nacken, um die Anspannung zu lindern. Das tun auch Menschen mit Migräne, denn Nackenschmerzen sind bei Migräneanfällen genauso häufig wie starke Kopfschmerzen. Wenn ich mir die verspannten Muskeln in Nacken und Schultern reibe, bin ich nicht gestresst. Es ist meine Migräne.

11. Wir sind nicht arrogant; wir sind lichtempfindlich

Wer drinnen eine Sonnenbrille trägt und seine Augen verbirgt, ist unhöflich, heisst es. Menschen, die unter Lichtempfindlichkeit leiden, wie die meisten Migränepatienten, sind jedoch gut beraten, drinnen und draussen eine Sonnenbrille zu tragen. Denn die Lichtempfindlichkeit ist ein häufiges Migränesymptom. Das helle Licht löst dann tatsächlich körperliche Schmerzen wie Kopfschmerzen oder Augenschmerzen aus. Es ist also nicht so, dass ich den Augenkontakt vermeide. Es ist meine Migräne.

12. Wir sind nicht mürrisch, auch wenn wir so aussehen

Meine gerunzelte Stirn bedeutet nicht, dass ich wütend bin. Es ist nur eine physiologische Reaktion auf den Schmerz des Trigeminusnervs, der sich um meine Kopfhaut und hinter einem Auge bemerkbar macht. Ich bin nicht wütend auf Dich. Es ist meine Migräne.

13. Manchmal fühlt sich die Welt an, als würde sie sich drehen

Sich am Geländer oder an der Schulter eines Freundes festzuhalten, kann ein Zeichen von Angst sein, aber auch ein Zeichen von Schwindelgefühl. Manche Menschen leiden unter migräneassoziiertem Schwindel und Ohnmacht bei Migräneanfällen. Das ist nichts, wovor Du Angst haben musst. Es ist meine Migräne.

14. Wir sind nicht kompliziert, wir sind nur vorsichtig

Kennst du die Leute, die in einem Restaurant aufgrund ihrer neuesten Diät so anspruchsvoll wirken? Glutenfrei, vegan, bio, Meeresfrüchte aus Wildfang und so weiter? Wir alle haben das Recht, die Lebensmittel zu wählen, die für uns gut sind. Manche Lebensmittel können eine Migräneattacke auslösen. Ich bin nicht schwierig. Es ist meine Migräne.

15. Wir sagen Stürme besser voraus als der Meteorologe

Es gibt Leute, die sagen: «Es wird bald regnen.» Manchmal haben sie recht. Und je mehr wir lernen, auf unseren Körper zu hören, desto mehr können wir spüren: Da ist eine Schlechtwetterfront im Anmarsch. Ich habe keinen versteckten Barometer in meiner Tasche. Es ist meine Migräne.


Vielen Dank, dass Sie sich einige Minuten Zeit genommen haben, um uns besser zu verstehen!